BMW 700 Coupe, die Rettung von BMW
Die Dinge liefen nicht gut in München. Es waren die schlimmsten Jahre in der Geschichte des Landes. Tatsächlich stand BMW in den 1950er Jahren kurz vor dem endgültigen Zusammenbruch des Unternehmens: Während die Motorradproduktion 1952 einen neuen Höchststand erreichte, gingen die Produktionszahlen in den folgenden Jahren deutlicher zurück, als sie in den späten 1940er Jahren gestiegen waren.
Um den Absatz zu verbessern, baute BMW 1950 den Prototyp eines neuen Kleinwagens, der die Linien des Vorkriegs-BMW 327 und den damals so beliebten 600-cm³-Zweizylindermotor übernahm. Doch das Projekt wurde später aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben.
BMW Isetta
Nachdem BMW 1954 die Isetta auf den Markt gebracht hatte, um die schwere Krise des Unternehmens zu überwinden, stellte man bald fest, dass dieses Blasenauto zu klein für die neuen Kunden war, die im Zuge des deutschen Wirtschaftswunders“ Ende der 1950er Jahre viel mehr von ihrem neuen Auto erwarteten. Die spartanischen „Super-Minis“ waren also bereits überholt, und die Kunden verlangten einen längeren Radstand und mehr Komfort.
Gleichzeitig boomte die Automobilindustrie, und die Produktion in Westdeutschland stieg allein im Jahr 1955 um ein Drittel. Mit der Einführung neuer Modelle versuchte BMW auf den Zug aufzuspringen. Der BMW 600, eine etwas längere Isetta mit Doppelmotor im Heck, sollte die Nachfrage nach einem echten Viersitzer befriedigen. Aber auch hier erwies sich der BMW 600 als Fehlschlag, da die Kunden das Konzept mit der Tür an der Vorderseite des Fahrzeugs nicht akzeptierten.
Auf der Suche nach einer Lösung versuchte die Entwicklungsabteilung zunächst aus wirtschaftlichen Gründen, einen konventionellen Kleinwagen zu bauen, der möglichst viele Teile aus dem BMW 600 übernahm: Der Radstand wurde durch zusätzliche Front- und Heckpartien auf 1.900 mm verlängert, die Vordersitze wurden nach hinten versetzt, um einen bequemen Einstieg hinter den Radkästen zu ermöglichen. Doch schon bald wurde klar, dass ohne eine weitere Verlängerung des Radstandes der Platz für die hinteren Sitze sehr begrenzt sein würde. Gleichzeitig war die schnelle Gewichtszunahme durch den längeren Radstand ein weiteres Problem, ebenso wie die schlechte Sitzanordnung.
Der Versuch, den Rahmen und die Struktur des BMW 600 zu modifizieren und modernen Anforderungen zu entsprechen, erwies sich als unmöglich. BMW beschloss daraufhin, nach einer vielversprechenderen Lösung zu suchen, indem das gesamte Karosseriedesign und die Struktur neu gestaltet wurden.
Fahrwerk und Aufhängung wurden von der BMW 600 übernommen.
Trotz dieser Entscheidung wollten die BMW-Ingenieure bei der Entwicklung ihres neuen Modells nicht völlig auf die bewährten Teile und Komponenten des BMW 600 verzichten. Man entschied sich daher, die Vorderachse des BMW 600 mit ihren Längsschwingen zu modifizieren, um einen gleichmäßigen Radweg und Sturz zu erreichen und das Konzept auf den neuen BMW Kleinwagen zu übertragen, natürlich mit entsprechenden Verstärkungen, um den gestiegenen Anforderungen des neuen Modells gerecht zu werden.
Die Ingenieure übernahmen auch die Hinterradaufhängung, die die Lenkung des Wagens je nach Kurvenbeschleunigung unterstützte und einer Tendenz zum Übersteuern entgegenwirkte. Weitere Merkmale, die von der BMW 600 übernommen wurden, waren das vollsynchronisierte Vierganggetriebe und das Differential und natürlich der ursprünglich in BMW-Motorrädern verwendete Motor, der nun von 600 auf 700 cm³ vergrößert wurde.
Der entscheidende Punkt war nun, diese Technologie in einem Fahrzeug zu vereinen, das sowohl dem Markt als auch den Anforderungen der Zukunft gerecht wird. Bereits Ende 1957, also noch vor dem Verkaufsstart des BMW 600, beauftragte der neue BMW-Vorstand die Entwicklungsabteilung, in Zusammenarbeit mit einem italienischen Designer einen konventionellen Kleinwagen zu entwickeln und zu bauen.
Im Juli 1958 präsentierte Wolfgang Denzel, Ingenieur und BMW-Importeur in Wien, in Starnberg, südlich von München, stolz sein neues, von Michelotti entworfenes Modell. Die Entscheidung für dieses Konzept fiel im Oktober 1958 und ermöglichte es BMW, sowohl ein Coupé als auch eine Limousine als Eigenentwicklung in Serie zu bringen.
Unter der Leitung von Wilhelm Hofmeister, der für die berühmte Hofmeisterfalte verantwortlich war, setzten die BMW Designer diesen Entwurf in zwei Modelle um, eine zweitürige Limousine und ein Coupé.
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Der erste BMW mit einer Monocoque-Karosserie.
Neben dem neuen Design überraschte der BMW 700 mit einer weiteren Besonderheit: Er war der erste BMW mit einer Monocoque-Karosserie. Und der Grund für die Einführung dieser neuen Technologie liegt auf der Hand: „Zunächst könnte man meinen, dass wir auf diese Weise ein altes Prinzip aufgeben, das im Unternehmen schon viele Jahre alt ist. Unsere Berechnungen zeigten uns jedoch schnell, dass ein Monocoque rund 30 kg Gewicht einsparen, das gesamte Fahrzeug um 60-70 mm niedriger machen und den Produktionsprozess rationalisieren könnte, mit den entsprechenden Kostenvorteilen.
Am 9. Juni 1959 präsentierte der BMW Vorstand unter der Leitung des Vorstandsvorsitzenden Dr. Heinrich Richter-Brohm vor rund 100 internationalen Motorjournalisten in Feldafing bei München das neue BMW 700 Coupé, das erste Modell der neuen Baureihe, an dem Ort, an dem sie zwei Jahre zuvor den wenig glücklichen BMW 600 erstmals gesehen hatten.
Den Designern und Ingenieuren ist es gelungen, das Auto leichter zu machen und das Gewicht trotz der Gesamtlänge von 3.540 mm auf weniger als 600 kg zu reduzieren, wodurch die für eine gute Beschleunigung und Leistung erforderlichen Eigenschaften erreicht werden.
Im Vergleich zum BMW 600 war der Radstand um 25 Prozent länger, aber das Gewicht stieg nur um 14,5 Prozent. Und trotz seiner geringen Höhe von nur 1.270 mm bot das Coupé mit 93 cm breiten Türen einen für diese Klasse ungewöhnlich komfortablen Einstieg.
Die an den menschlichen Körper angepassten Vordersitze mit belüfteter Polsterung waren auch während der Fahrt verstellbar und verfügten über Rückenlehnen, die sich in vier verschiedenen Winkeln einstellen ließen. Die Rückenlehne im Fond wiederum lässt sich wie beim BMW 600 bei Bedarf umklappen, so dass Fahrer und Beifahrer auch sperrige Gegenstände transportieren können.
Das gleiche Platzangebot und die gleichen dynamischen Leistungen wie der BMW 326.
Der vordere Kofferraum mit seinem bequemen flachen Boden bot Platz für zwei Standardkoffer und einige kleinere Taschen. Der Kraftstofftank befand sich unter dem Kofferraum, perfekt geschützt durch das davor stehende Reserverad, und bot ein Fassungsvermögen von 30 Litern plus drei Liter Reserve, genug für etwa 500 Kilometer, denn nach den damals geltenden Verbrauchsnormen hatte der BMW 700 einen recht moderaten Verbrauch von etwa sechs Litern auf 100 Kilometer.
Der Zweizylindermotor des Coupés entwickelte eine maximale Leistung von 30 PS bei 5.000 U/min und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 125 km.
Der BMW 700 war der direkte Konkurrent des zunächst billigeren VW Käfer und sprach vor allem Fahrer an, die sich von der Masse abheben wollten. Aufgrund der hohen Nachfrage mussten die Kunden mehrere Monate auf die Auslieferung ihres Fahrzeugs warten. 1960 verkaufte BMW mehr als 35.000 Einheiten, womit der BMW 700 etwa 58 Prozent des Gesamtumsatzes des Unternehmens ausmachte.
Geboren für den Rennsport: das BMW 700 Coupé.
Die sportlichen Qualitäten des BMW 700 Coupé zeigten sich schon kurz nach dem Produktionsstart im Juli 1959: Noch vor Jahresende waren die ersten Coupés auf der Rennstrecke zu sehen, zum Beispiel in der Sahara-Lappland. 1960 brachte das schnelle BMW Coupé Goldmedaillen und Titel nach Hause, und Hans Stuck gewann im Alter von 60 Jahren am Steuer eines BMW 700 noch einmal die Deutsche Bergmeisterschaft.
Dies führte bei vielen Kunden zu einer großen Nachfrage nach einem noch stärkeren Motor, was BMW dazu veranlasste, den BMW 700 Sport zu produzieren, der mit seinem Zweizylinder-Boxermotor nun 40 PS bei 5.700 U/min leistete.
Ergänzt wurde dieses Sportpaket durch ein optionales Sportgetriebe und ein noch strafferes Fahrwerk mit strafferen Dämpfern und einem Torsionsstab. Der Motor wiederum reichte aus, um in knapp 20 Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen und eine Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h zu erreichen.
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Diese „Sport“-Version des BMW 700 wurde in den frühen 1960er Jahren schnell zur Legende, vor allem im Rennsport, und wurde von den Motorsportfans gelobt. Und in der Tat lieferte sich das Auto damals spannende Duelle mit der Konkurrenz von Steyr-Puch und Abarth.
BMW ergänzte das Programm schnell um weitere Versionen, die den BMW 700 noch erfolgreicher machten: Nach dem BMW 700 stellte das Unternehmen im Februar 1961 den BMW 700 De Luxe vor, der über die gleiche technische Ausstattung verfügte, aber noch umfangreicher ausgestattet war. Das exklusivste Modell der BMW 700er Reihe war das BMW 700 Cabrio, dessen Karosserie von der Stuttgarter Karosseriefirma Baur gebaut wurde, die die tragenden Elemente des Fahrzeugs verstärkte und das Heck neu gestaltete. Ein einfacher und unkomplizierter Dachmechanismus machte das Fahren unter freiem Himmel zu einem echten Vergnügen, zumal das 700er Cabrio serienmäßig mit dem stärksten Motor, dem BMW 700 Sport, ausgestattet war.
Insgesamt übertraf der Absatz des BMW 700 im Jahr 1965 mit 190.000 Einheiten die Erwartungen, gab BMW neue Hoffnung und führte das Unternehmen erfolgreich aus der Krise.